Endphaseverbrechen – ein juristischer Begriff zur Sühnung von Verbrechen in den letzten Kriegswochen

Als Endphaseverbrechen oder Verbrechen der Endphase werden nationalsozialistische Verbrechen bezeichnet, die in den letzten Wochen und Monaten des Zweiten Weltkriegs begangen wurden. Der Begriff wurde im Umfeld der Strafverfolgung dieser Verbrechen in Deutschland und Österreich nach 1945 geprägt. Typische Tätergruppen waren Angehörige nationalsozialistischer Organisationen wie Gestapo, SS, sowie auch der Wehrmacht. Typische Opfergruppen waren Zivilisten, die der Wehrkraftzersetzung beschuldigt wurden, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene.

Juristische Aufarbeitung der Verbrechen nach 1945

Verbrechen der Wehrmacht, SS und Polizei in den letzten Kriegswochen

Durch das Kontrollratsgesetz Nr. 4 vom 20. Oktober 1945 zur Umgestaltung des deutschen Gerichtswesens war es deutschen Gerichten ermöglicht worden, auch eine Strafverfolgung von Verbrechen der NS-Zeit aufzunehmen, aber nur im begrenzten Umfang. Verbrechen gegen Staatsangehörige der Alliierten durften zunächst noch nicht verfolgt werden, diesen Bereich behielten sich die alliierten Militärbehörden noch selbst vor. Ihre Hauptprozesse, der Nürnberger Prozess und dessen Folgeprozesse, die gegen die hochrangigen Täter geführt wurden, begannen etwa zur selben Zeit. Mit diesem Kontrollratsgesetz war die Zuständigkeit deutscher Gerichte und Staatsanwälte zunächst vorwiegend auf Verbrechen an Deutschen oder Österreichern beschränkt. Bedingt durch die zeitliche Nähe, die die Beweislage begünstigte, kamen daher in den ersten Jahren viele Verbrechen der letzten Kriegswochen, die so genannten Endphaseverbrechen, vor Gericht. Angeklagt wurden dabei in der Regel erstmal diejenigen, die die Verbrechen ausgeführt hatten. Verfahren gegen Schreibtischtäter wurden erst in späteren Jahren in größerer Zahl angestrengt.

Die Verbrechen

Die Gestapokommandos und SS-Führungen wurden im Januar 1945 von den Gestapoleitstellen auf Anweisung des Reichsführers SS Heinrich Himmler und des Gestapo-Chefs Heinrich Müller vom Berliner Reichssicherheitshauptamt angewiesen, „umstürzlerische“ Betätigung deutscher Linker und ausländischer Arbeiter vorzubeugen. „Die Betreffenden sind zu vernichten“, hieß es dazu in Befehlen. So wurden folgende Aktionen durchgeführt:

  • Standrechtliche Erschießung von etwa 8 000 deutschen Soldaten als „Fahnenflüchtige“ in den letzten Kriegsmonaten 1945,
  • Hinrichtung von KZ-Insassen, die bis dahin der „Vernichtung durch Arbeit““ entkommen waren,
  • Die Todesmärsche aus den Konzentrationslagern in Richtung Westen und Süden (Alpenfestung)),
  • Hinrichtungen in Zuchthäusern,
  • Ermordung von Kriegsgefangenen

Dies entsprach dem Nachkriegs- und Überlebenskonzept des Nationalsozialismus. Die Befehlshaber, Kommandeure und Unterführer sollten den feindlichen Armeen nur verbrannte Erde hinterlassen. Außerdem sollten keine Demokraten, Kommunisten, Sozialdemokraten, „widerspenstige“ Pfarrer und sonstige Dissidenten übrig bleiben. Auch die Spuren der NS-Verbrechen (zum Beispiel die Gaskammern in Auschwitz, die Konzentrationslager im reich) sollten verwischt werden. – Gestapo-Chef Heinrich Müller: „Wir werden nicht den gleichen Fehler machen, der 1918 begangen wurde; wir werden unsere innerdeutschen Feinde nicht am Leben lassen.“

 

Veröffentlicht unter Erste Nachkriegsjahre, Justiz, Kriegsende, Kriegsverbrechen, Kriegsverbrecherprozesse | Verschlagwortet mit , , , , .

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert