Organisation der Sturmabteilung: Die SA war stets einsatzbereit für die „Sache des Führers“ – Gewalttätigkeiten gehörten zur Tagesordnung , denn: „Der Herrgott hat das Werk des Führers gesegnet!“

SA marschiert

Von Wolf Stegemann

Mit der „Sturmabteilung der NSDAP“ (SA) verbinden sich Namen wie Horst Wessel, Ernst Röhm und Viktor Lutze, in Dorsten mit Weißenberg, Schlüter und vielen anderen Namen. Die 1921 als politische Kampftruppe der Partei gegrün­dete SA und die 1925 als Leibwache Adolf Hitlers (ursprüngliche Aufgabe) gebildete „Schutzstaffel der NSDAP“ (SS) hatten be­reits Ende 1930 über 100.000 Mitglieder. Da­mit war Hitlers Partei-Armee stärker als die Reichswehr. Das führte unweigerlich zu Konflikten mit der Reichsregierung, die Hit­lers „Partei-Infanteristen“ polizeilich über­wachen und zeitweise verbieten ließ. Ende Juni 1934 entmachtete Hitler seine immer stärker wer­denden SA-Führer, indem er in einer Mord­aktion den SA-Chef Ernst Röhm und 150 weitere SA-Führer kaltblütig umbringen ließ; bei dieser Gelegenheit entledigte sich Hitler auch anderer Personen, die ihm politisch unliebsam waren.

Organisationsgefüge der militanten SA

Die braunen Uniformen der SA bestimmten in Dorsten und anderswo das Straßenbild. Im Zuge der „Gleichschaltung“ der Vereine und Verbände traten zuerst die Kriegerver­eine geschlossen in die SA-Reserve 2 (SA-R 2) ein. Es folgten Reitervereine, Spielmanns­züge, Kriegervereine usw. Die SA gliederte sich ab August 1934 in die Oberste SA-Führung, in Gruppen (bestehend aus mehreren Brigaden), den Brigade (drei bis neun Standarten), den Standarten (drei bis fünf Sturmbanne), den Sturmbannen (drei bis fünf Stürme), den Stürmen (drei bis vier Trupps), den Trupps (drei bis vier Scharen), den Scharen (eine bis zwei Rotten), die Rotten (vier bis acht Mann). 1938 wurde die Organisationsstruktur nach militärischem Vorbild reorganisiert und im Juni 1938 galten auch für die im März des gleichen Jahres eingegliederte „SA-Obergruppe Ostmark“ (Österreich) die gleichen neuen Strukturen. So war die Gesamt-SA am 30. Januar 1939 wie folgt gegliedert in allgemeine SA, bestehend aus Aktive SA I (18-35 Jahren) und allgemeiner SA II (35-45 Jahren), der SA-Reserve (über 45 Jahre) und den SA-Wehrmannschaften. Diese waren nach militärischen Fach- bzw. Tätigkeitsgebieten unterteilt und es wurden nun auch für die SA Waffenfarben eingeführt, die ihrerseits die Farben der SA-Gruppen ablösten. So bestanden in der SA folgende Tätigkeitsgebiete: Nachrichten-SA (Zitronengelb), Reiter-SA (Orange), Pionier-SA (Schwarz), Jäger-SA/Schützeneinheiten (Grün), Sanitäts-SA (Königsblau), Marine-SA (Marineblau), SA-Fußstandarten (Grau), SA-Gruppenstäbe (Hellrot) und Oberste SA-Führung (Karminrot).

Aus diesem Gefüge waren zwei ehemalige SA-Gliederungen herausgenommen worden, da diese nach der Machtergreifung Hitlers mit anderen Organisationen zu eigenständigen Formationen aufgebaut wurden: Die ehemalige Motor-SA wurde mit anderen Automobilverbänden zum NS-Kraftfahrkorps (NSKK) umgebildet und die ehemalige Flieger-SA wurde zusammen mit der Flieger-SS in das entstehende NS-Fliegerkorps (NSFK) eingegliedert.

NS-Plakat mit SA-Motiv 1932

„Braunhemden“ waren als Schlägertrupps verrufen und gefürchtet

Die SA war die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP während der Weimarer Zeit und spielte als Ordnertruppe eine entscheidende Rolle beim Aufstieg der Nationalsozialisten, indem sie deren Versammlungen vor Gruppen politischer Gegner mit Gewalt abschirmte bzw. gegnerische Veranstaltungen massiv behinderte. Zu dieser Zeit und den folgenden Jahren war die SA zu einer schlagkräftigen und straff gegliederten Organisation geformt worden. Das Anwachsen der SA wurde durch Weltwirtschaftskrise und Wahlerfolge der NSDAP begünstigt. 1930 hatte die SA zeitweise 60.000 bis 80.000 Mitglieder und 1932 bereits etwa 220.000 eingetragene Mitglieder.

Uniformverbot umgangen: statt braune Hemden weiße Hemden

Über die propagandistische Wirkung ihrer braunen Uniform in der Öffentlichkeit („Braunhemden“) waren sich die SA-Leute durchaus bewusst. Als im Jahre 1930 in Preußen und Bayern das öffentliche Tragen des Braunhemdes verboten wurde, wich die SA-Führung in einer Blitzaktion auf das Tragen von weißen Hemden aus, ohne sich ansonsten in ihren Aktivitäten weiter stören zu lassen, was die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die SA nur noch weiter verstärkte. Nach Ablauf des Verbotes kehrte man zum Tragen des Braunhemdes zurück.

Das wegen der Terrorwelle im April 1932 vom Reichskanzler Brüning ausgesprochenes Verbot der SA hob sein Nachfolger, Franz von Papen, im Juni 1932 wieder auf. Im Vorfeld der Reichstagswahl am 31. Juli 1932 gab es bürgerkriegsähnliche Zustände mit insgesamt etwa 300 Toten und über 1.100 Verletzten, woran die SA maßgeblich beteiligt war.

Im Frühjahr wurde die SA in Preußen vom Innenministerium als Hilfspolizei eingesetzt. Sie richtete einen Tag nach der Reichstagswahl am 6. März 1933 „wilde Konzentrationslager“ ein, verhielt sich ungesetzlich und verrichtete die verordnete „Schmutzarbeit“, politische Gegner des NS-Regimes zu verhaften, einzusperren, zu foltern und oft tagelang zu verprügeln. Ihr Kampflied, das „Horst-Wessel-Lied“, wurde nun bei Anlässen mit der Nationalhymne (Deutschlandlied) gesungen.

SA-Stabschef Ernst Röhm liquidiert

Anfang 1934 erreichte SA-Stabschef Ernst Röhm, dass das Reichsinnenministerium die Finanzierung der SA übernahm. Die Reichswehr erkannte die SA als Dachorganisation aller noch existierenden paramilitärischen Verbände an. Die SA war damit bis Mitte 1934 auf vier Millionen Mitglieder angewachsen, wovon 1,4 Millionen in der SA Reserve II waren. Die zahlenmäßige Stärke der SA war jetzt größer als die der Partei. Der Mitte 1934 auf Anordnung Hitlers umgebrachte SA-Stabschef Ernst Röhm sah in seiner Miliz neben der Reichswehr (später Wehrmacht) und der Polizei die wesentliche Macht, die über die Errungenschaft des Nationalsozialismus wachen und die Revolution innerhalb und außerhalb der nationalsozialistischen Bewegung vorantreiben.

SA in Raesfeld bei Dorsten

Reichsweiter SA-Einsatz in der Pogromnacht gegen Juden 1938

Wie in anderen Städten, vor allem aber in Franken, verbreitete die SA auch in Rothenburg bei Anders- oder Neutraldenkenden, vor allem bei den jüdischen Bürgern ein Klima der Angst und des Bedrohtseins. Zum reichsweiten Einsatz kam die SA nochmals im November 1938 bei den Pogromen gegen die jüdische Bevölkerung, die als „Reichskristallnacht“ in die Geschichte eingegangen sind. In Dorsten war die SA an der Zerstörung der Synagoge in der Wiesenstraße beteiligt, zudem auch die Hitlerjugend. Kurz vor Kriegsende wurde die SA als Reservoir für Kämpfer des Volkssturms genutzt, wobei SA-Angehörige häufig durch Gewalttaten an Kriegsgefangenen oder Kapitulationswilligen auffielen (Endphaseverbrechen). Nach der Kapitulation des Reiches 1945 wurden NSDAP und SA nach dem Alliierten Kontrollratsgesetz Nr. 2 aufgelöst und verboten; im Gegensatz zur SS trotz ihrer Verbrechen aber nicht als „verbrecherische Organisation“ eingestuft.

SA-Beilage im „Völkischen Beobachter“

Seit März 1928 erschien im „Völkischen Beobachter“ eine monatliche Beilage unter dem Titel „Der SA-Mann“, die ab dem 5. Januar 1932 durch die Oberste SA-Führung als selbstständiges Wochenblatt herausgegeben wurde. Es befasste sich in erster Linie mit militärischen Themen sowie internen Angelegenheiten von SA und NSDAP. In Rothenburg gehörte die SA in ihren braunen Hemden und Uniformen, ihren Aufmärschen und Kundgebungen gerade wegen der Kleinheit der Stadt zum Tagesanblick. Bei zahlreichen Gelegenheiten traten die „Braunhemden“ in der Öffentlichkeit auf, beteiligte sich an Übungen im Katastrophenschutz und marschierte bei NS-Feiern wie den Horst-Wessel-Gedenkfeiern.

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Quellen: Peter Longerich „Die braunen Bataillone. Geschichte der SA“, Bechtermünz 1988. – Rainer Hambrecht „Der Aufstieg der NSDAP in Mittel- und Oberfranken (1925-1933), Diss., Nürnberg 1976. – „Schlag nach!“ Bibliographisches Institut, Leipzig 1938. – Weitere Quellen sind im Text angegeben.

 

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