Friedrich Castelle: Journalist und Dichter im Dienste der Partei. Der Stadt Dorsten blieb er stets verbunden

Friedrich Castelle (rechts vorn in Partei-Uniform) neben General Wilhelm Knochenhauer (vorne links); Foto: Archiv Historisches Seminar Münster

Von Wolf Stegemann

Dorsten kannte er gut, denn er besuchte die Stadt mehrmals und vor allem auch Lembeck in der Zeit vor dem Dritten Reich, aber auch während der NS-Zeit. Denn er war befreundet mit der Familie Joly, die im Haus Nattefort in der Nähe von Schloss Lembeck wohnte. Mit der Tochter des gräflich-merveldtschen Oberförsters Paul Joly, Liesel, verband den westfälischen Schriftsteller eine tiefe literarische Beziehung, denn des Försters Tochter entwickelte sich ebenfalls zu einer bekannten Dichterin. Friedrich Castelle las in Dorsten mehrmals aus seinen Büchern. Auch hatten Liesel Joly und er gleiche politische Ansichten, zuerst monarchistisch-vaterländische, die schon vor 1933, spätestens aber nach der Machtübernahme Hitlers, in nationalsozialistische umschlugen.

Diskret wurde die Castelle-Büste 1990 aus Burgsteinfurter Alten Rathaus entfernt

Er verehrte Hitler und den Parteiideologen Rosenberg

Friedrich Castelle wurde 1879 in Appelhülsen geboren. Der spätere Schriftsteller, Journalist und NS-Kulturfunktionär besuchte das Gymnasium in Münster, studierte, promovierte und wurde ab 1900 Mitarbeiter von Tageszeitungen in Aschaffenburg, Aachen und anderswo. Von 1904 bis 1911 war er Feuilletonredakteur des „Münsterschen Anzeigers“ und im Ersten Weltkrieg Militärbeamter. 1933 trat er als Propagandist des Nationalsozialismus auf. Friedrich Castelle glorifizierte nicht nur Hitler, sondern auch den Parteiideologen Alfred Rosenberg, der damals Leiter des Außenpolitischen Amtes der NSDAP war.
Im Jahre 1935 versuchte Castelle aus der Annette von Droste-Hülshoff-Gesellschaft eine nationalsozialistische Organisation zu machen. Laut dem Westfälischen Autorenlexikon war er damals Obmann der NS-Kulturgemeinde für den Kreis Burgsteinfurt, Beiratsmitglied des Gaues Nordrhein-Westfalen und führender Mitarbeiter der Reichsschrifttumskammer. Er wirkte auf allen Ebenen an der Propagierung einer völkischen, an der „Blut- und Boden“-Ideologie orientierten Kulturarbeit mit. 1937 wurde er Haupt-Abteilungs-Sachbearbeiter zur besonderen Verwendung im Reichssender Köln, hatte gute Beziehungen zu dem Dorstener NS-Rundfunkintendanten Dr. Heinrich Glasmeier und wurde  stellvertretender Intendant. Am 20. April 1939 sprach Friedrich Castelle bei Koop am Dorstener Markt. Während des Krieges leitete er eine Presse- und Nachrichtenabteilung sowie den Reichssender im besetzten Luxemburg.

Bei Kriegsende wurde Castelle gefangen genommen und zunächst im britischen Internierungslager Recklinghausen-Hillerheide in Haft gehalten. Nach seiner Entlassung durfte Castelle seine berufliche Tätigkeit zunächst nicht wieder ausüben. Später gelang ihm die Entnazifizierung. Danach arbeitete er wieder für den Rundfunk als Verfasser plattdeutscher Hörspiele und trat mit Vorträgen und Rezitationen vor einem allerdings kleiner gewordenen Zuhörerkreis auf. Seine letzten Jahre verbrachte er in Ochtrup auf der Wasserburg Welbergen. 1952 wollte er auf Drängen von Freunden zu einer Lesung nach Dorsten kommen. Doch daraus wurde nichts. Die Gründe sind nicht bekannt. Friedrich Castelle starb am 15. Januar 1954. Er ist auf dem St. Mauritz-Friedhof in Münster beigesetzt.

Straße in Horstmar immer noch nach ihm benannt

Nachdem der Historiker Christoph Lorke aus Münster bei seinen Forschungsarbeiten herausgefunden hatte, dass Friedrich Castelle NS-Funktionär in verschiedenen Positionen war, dachte der Gemeinderat in Horstmar laut darüber nach, die nach Castelle benannte Straße wegen dessen Nazi-Vergangenheit umzubenennen. Das war 2010. Eine Umbenennung erfolgte allerdings nicht. Im Alten Rathaus von Burgsteinfurt stand bis 1990 eine Castelle-Büste, die bei Umbauarbeiten diskret entfernt wurde.

Nachruf der Steinfurter Lokalzeitung (Ausriss) auf den Dichter 1954

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Quellen: (Online-Seite) Dorsten-Lexikon. – Bernd Schlusemann „Diskussion um Straßennamen. Historiker: Castelle war ein Nazi-Funktionär“ in Münstersche Zeitung vom 9. Dezember 2010
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