Nachkriegsverwaltung: Fehlende Ordnung und Pünktlichkeit – Amtsbürgermeister Desoi drohte mit der Kündigung

Das Dorstener Rathaus nach dem Krieg am Klapheck'schen Holzplatz

Von Wolf Stegemann

Die von der englischen Militärregierung ein­gesetzte Verwaltung war in allen Entscheidungen lange Zeit von dieser abhängig und weisungsgebunden. 1945 erließ das 115 De­tachment Military Government in Reckling­hausen (Militärverwaltung) die Anweisung, die vom Provinz-Detachment kam, dass sich Beamte in leitender Stellung nicht politisch betätigen dürften. Dies betraf neben den ho­hen Provinzial-Beamten, Regierungspräsi­denten und dem Landrat auch den Amtsbür­germeister und die Bürgermeister sowie alle Beamten, die in deren Verwaltungsabteilun­gen arbeiteten. Die Dienststellen der Stadt­verwaltung waren ebenso in verschiedenen von den Bomben verschonten Häusern un­tergebracht wie die Amtsverwaltung.

Amtsstuben über die gesamte Stadt verteilt

Das Büro des Amtsbürgermeisters Desoi und das Besatzungsamt befanden sich in der Halter­ner Straße 124, Haupt- und Personalamt, Standesamt, Schulamt, Steueramt, Finanz­abteilung, Amtskasse, Verwaltungspolizei, Einwohnermel­deamt, Fürsorge- und Gesundheitsamt in den Baracken B und C auf dem früheren Klapheck’schen Holzplatz. An der Halterner Straße 124/126 waren das Bauamt, das Kriegsschadensamt, das Ernährungs- und Wirtschaftsamt sowie das Wohnungsamt für Hervest untergebracht. Im Hause Camp (Al­ter Postweg) befand sich die Dienststelle des Stadtbürgermeisters Weber, ferner die Aus­gabestelle für Ausweise, die Nebenstelle des Ernährungsamtes, das Wohnungsamt sowie das Jugendamt für den gesamten Amtsbe­zirk.

In der Wirtschaft Kruse (Borkener Straße) hatte der Bürgermeister von Holsterhausen seinen Dienstsitz. Auch waren dort die Aus­gabestelle für Ausweise untergebracht, die Nebenstelle des Ernährungs- und Wirt­schaftsamtes sowie das Wohnungsamt für den Ortsteil Holsterhausen. Die Gemeinde­verwaltung von Wulfen war im Alten Stan­desamt untergebracht, das zeitweise als Wohnstätte für jugoslawisches Personal der englischen Muna diente.

Auch Abteilungsleiter schwänzten die Arbeit

Amtsbürgermeister Philipp Desoi war nicht immer mit dem Arbeitseifer seiner Beamten und Angestellten zufrieden. Am 25. Mai 1945 mussten alle Mitarbeiter ein Rund­schreiben unterzeichnen, in dem Desoi zur Ordnung und Pünktlichkeit aufrief. Er be­klagte, dass immer mehr Beamte und Ange­stellte, »ja sogar Abteilungsleiter«, den vor­geschriebenen Dienst nicht so genau näh­men und vielfach ohne Grund und Urlaub fort blieben. »Jeder muss sich wieder an ein ordnungsgemäßes und pünktliches Arbeiten gewöhnen.« Wer sich zukünftig nicht daran hielt, dem drohte Desoi mit der Kündigung. Am 12. Juni 1945 wies Desoi auf die schwie­rige finanzielle Lage der Verwaltung im Hinblick auf eine Überbesetzung der einzelnen Abteilungen hin und forderte eine »scharfe Überprüfung der Personalverhältnisse«. Der Personalstand wurde nach und nach ab­gebaut, weil immer mehr Kriegsheimkehrer ihre alten Plätze in der Verwaltung bean­spruchten. Desoi: »Selbstverständlich ist es Pflicht der Verwaltung, für diese Beamten und Angestellten Platz zu schaffen, d. h. so­weit sie politisch tragbar sind und zum alten Bestand gehören.« – Über die Entnazifizie­rung und Wiedereinstellung von Beamten und Angestellten in den öffentlichen Dienst siehe andere Artikel.

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